Geschichten aus dem Rathaus Politische Themen

Veröffentlicht am 8. Dezember 2025 von Andreas Tönjes
Titelseite der WZ vom 06.12.2025

Wirtschaft: Auf welcher Basis verhandelt die Verwaltung?

Hurra, und schön daß Ihr da seid!

Na, wer hat denn die Titelstory der Wilhelmshavener Zeitung am Samstag gelesen? Da steht auf Seite 1 in großen Lettern „Grundstücks-Verkauf an Tennet bringt der Stadt fast 12 Millionen Euro„.

Normalerweise verlinkt die Zeitung solche Artikel auch in den sozialen Medien, bisher ist dies allerdings noch nicht passiert. Das gibt mir Gelegenheit einen etwas ausführlicheren Kommentar zu diesem Bericht zu verfassen.

12 Millionen Euro klingt ja erstmal sehr gut, bei der Haushaltslage der Stadt, aber tatsächlich ist dieser neudeutsch genannte „Deal“ nach Einschätzung der Ratsgruppe Gemeinsam BUNT, ein eher schlechtes Geschäft.

Dünne Beschlußvorlage der Verwaltung

Die Qualität einer Entscheidung hängt ja auch immer von den Fakten ab, auf die man diese stützt. Für dieses Geschäft hat sich der Eigenbetrieb GGS wieder einmal selbst übertroffen. Effizient kurz werden hier die Interessen des Erwerbers den Ratsmitgliedern vermittelt.

Beschlussvorschlag:
Der Rat stimmt dem Verkauf einer Teilfläche im Heppenser Groden Nord (Gemarkung
Rüstringen, Flur 33, Flurstücke 1/43, 1/22, 1/17, 1/45, 3/15, 3/14, 3/5) mit einer
Gesamtfläche von ca. 260.000 m² zu einem Verkaufspreis in Höhe von 46 €/m² und daraus
resultierend einer Gesamtsumme in Höhe von ca. 11.960.000 € an TenneT TSO GmbH zu.

Begründung:
Der B-Plan 203 wurde 2010 als Angebotsbebauungsplan aufgestellt. Seit dem Zeitpunkt haben sich viele Rahmenbedingungen geändert.
Durch die Energiewende und die sich daraus verstärkt ergebenden Handlungsfelder ist die Nachfrage nach Flächen für Umspannwerke gestiegen. Nach dem Verkauf in Bauens benötigt TenneT weitere Flächen, um das bestehende Umspannwerk an der Maade durch ein leistungsfähigeres Werk zu ersetzen (UW Maade NEU). Im Rahmen der Verhandlungen wurde ein Wertgutachten erstellt, dass abweichend von den Bodenrichtwerten (14 bzw. 24 € / m²) 46 € / m² ausweist. Dieser Wert bildet die Untergrenze für einen Verkauf.
Ein Erbbaurecht als Alternative kommt aus Sicht von TenneT nicht in Frage, da die Netzbetreiber gehalten sind, dauerhaft ein stabiles und ausfallsicheres Netz zu betreiben und dauerhaften, uneingeschränkten Zugriff benötigen. Durch das zeitlich befristete Erbbaurecht ist die dauerhafte Komponente nicht gewährleistet.
Bei einem Erbbaurecht würde auf Basis des Ratsbeschlusses 6/2023 vom 15.02.2023 der Erbbauzins 6 % vom vollen Bodenrichtwert, also hier max. 24 €/m² betragen (375.408 €/Jahr).

Hier der Link zur original Beschlußvorlage: B-Plan 203 – Verkauf Heppenser Groden (TenneT)

Klingt doch schon wieder nicht schlecht, oder? Aber mal ehrlich, würden Sie privat oder geschäftlich auf dieser Grundlage eine Entscheidung treffen? Eine Begründung die wie vom Erwerber diktiert klingen.

Kann man machen und wahrscheinlich wird der Rat dies auch machen, zumindest läßt das Ergebnis der Ausschußsitzung vom 04.12.2025 dies vermuten und auch der Titel des Zeitungsberichtes suggerieren ja schon „Verkauft“!

Bei der Vorbereitung der Ausschußsitzung und dieser Beschlußvorlage tauchten bei mir dann doch erhebliche Bedenken auf. Grundsätzlich ist es die Aufgabe der Ratsmitglieder die Verwaltung zu überwachen und auch solche Vorlagen genau zu prüfen. Zuerst kam ich, und dann auch die Ratsgruppe zu dem Schluß, nicht Beschlußreif! Also werden wir einen Vertagungsantrag stellen, denn zeitkritisch ist die Vorlage nicht wirklich, damit könnte die Verwaltung dann nacharbeiten und eine belastbare Vorlage erarbeiten.

Leider, und das war zu erwarten, hat die Mehrheit diese Notwendigkeit, mal wieder, nicht gesehen. Sie sind ja gut informiert (worden von Tennet selber #Zwinkergesicht).

Firmen-Philosophie vs. Kommunale Logik

Die Ausschußsitzung war dann auch schon wieder ein echtes Glanzstück der kommunikativen Selbtentlarvung. Da argumentiert die Verwaltung, bzw. der Stadtbaurat, wohl ganz im Sinne des Erwerbers Tennet TSO GmbH, wenn nicht nur in der Begründung steht, daß es die Firmenphilosophie von Tennet ist, Grundstücke nur zu erwerben.

Mein Gegenargument, dann könnte man genauso argumentieren, wir haben einen Ratsbeschluß, daß wir nur verpachten! Den haben wir nämlich nach der Mosolf Nummer, der ja angeblich auch nur kaufen wollte, beschlossen.

Tja, es gibt doch mögliche Ausnahmen etc. etc. etc. Die gibt es, aber Ausnahmen müssen dann doch gut, nein, sehr gut begründet werden. Aber Sie haben die Begründung ja gelesen. Mehr Informationen gibt es nicht, es sei denn, man fordert sie. Eigentlich gibt es für die Verwaltung dann doch schon einige gesetzliche Vorgaben, die sie erfüllen müßte. Aber wo keiner sie anfordert, da kann man sich ja die Arbeit sparen. Oder eben nicht, denn nachdem sich die anderen Ausschußmitglieder wieder mal mit den Eurozeichen in den Augen von der Verwaltung haben blenden lassen, haben wir einige Fragen zusammengestellt.

So kommt es nun wie es kommen mußte, um sich die notwendigen Informationen zu beschaffen bleibt uns ja die Möglichkeit ein Auskunftsverlangen an die Verwaltung zu richten, deren Beantwortung für eine gut vorbereitete Verwaltung eigentlich kein Problem sein sollte.

Für und mit der Ratsgruppe habe ich dann ein kleines Auskunftsverlangen formuliert. Polemisch könnte ich schreiben, für jede „entgangene“ Million eine Frage. #Schmunzelgesicht

Abschließend noch ein kleines Bonmot, im Zeitungsartikel steht:

Bezüglich der Kritik von „Gemeinsam Bunt“, deren zwei Ausschuss-Vertreter die eingebrachte Vorlage ablehnten, sicherte der Stadtbaurat aber zu, bis zur Ratssitzung am 17. Dezember der Beschlussvorlage eine schriftliche Stellungnahme von Tennet anzufügen.

Treffender kann man gelebten Lobbyismus eigentlich nicht beschreiben. Da fragt man sich, was für eine Arbeitsplatzbeschreibung hat der Stadtbaurat eigentlich? Eine Stellungnahme des Erwerbers als Entscheidungsgrundlage? Wir wollen Antworten auf unsere Fragen, lieber 37 Millionen Euro und das Grundstück für unserer Kinder behalten. Das ist unsere Philosophie! #Lachgesicht

Eine schöne Woche wünscht Euch Euer Andreas Tönjes (OB-Kandidat-Kandidat)

#ob2026toenjes