Sonstiges

Veröffentlicht am 18. Dezember 2024 von Layla Schmidt

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger, die die Muße und den Mut haben, uns hier zuzuhören:

Schön, dass Sie da sind!

Angesichts des bevorstehenden Beschlußes zum Doppelhaushalt 25/26 habe ich das Privileg hier heute vor der Gemeinde eine Rede halten zu dürfen und ich bin sehr erfreut, daß nach jahrelangem Kampf diese nun auch bei den Bürgerinnen und Bürgern zu Hause gehört werden kann.

Mir ist dieses Privileg bewußt, bedeutet es auch eine gewisse Verantwortung bei der Wahl der Worte. Einige würden vielleicht sagen, man benötigt dafür eine gewisse „sittliche Reife“, andere würden von notwendigen Respekt sprechen, und doch, vielen Menschen wird ein gewisser ironischer Unterton nicht verborgen bleiben.

Zuerst möchte den Mitarbeitenden der Verwaltung für ihre Arbeit danken, insbesondere für die Erarbeitung dieses Doppelhaushaltes mit äußerst schwierigen Rahmenbedingungen. Sie haben ihr Bestes gegeben um einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen Vielen Dank dafür!

In meiner letzten Haushaltsrede hier im Rat bemühte ich die Metapher des Damoklesschwertes, das in Form des Klinikums über den Häuptern des Rates schwebt. Es steht sinnbildlich für die finanziellen Risiken und Belastungen, die wir als Stadt damit tragen und das Auswirkungen auf alle Haushaltsbereiche hat. Der Kämmerer hat dies in der Pressekonferenz im August eine klare Prioritätensetzung im Finanzbereich genannt.

Doch, meine Damen und Herren, beim Anblick des Haushaltsentwurfs 2025/2026 und den noch kommenden Änderungen drängt sich eine unangenehme Frage auf: Haben Sie diese Metapher tatsächlich verstanden?

Das Klinikum ist das Schwert über unseren Köpfen und „Der Elefant im Raum“

Jahr für Jahr reißen uns die Zuschüsse für das Klinikum tiefer ins Defizit. Wir sprechen nicht über eine Marginalie, sondern über 20 Millionen Euro pro Jahr, die unsere ohnehin strapazierten Finanzen belasten – und das über Jahre hinweg.

Ein einzelnes, wenn auch sehr wichtiges Projekt, das uns zunehmend die Gestaltungsmöglichkeiten nehmen wird. Die Finanzierung des Gesundheitswesens ist zuerst Bundes- und Landesaufgabe, aber alle Schuld nun auf Bund und Land zu schieben wird der Situation keineswegs gerecht. Auch wir als Kommune haben bei diesem Thema in der Vergangenheit nicht gerade geglänzt.

Und wenn wir bei den Aufgaben von Bund und Land sind, so ist es, und da muß ich unserem Oberbürgermeister zustimmen, auffällig, wie viele Aufgaben auf die Kommunen abgewälzt werden ohne das diese Aufgabenbewältigung auch entsprechend finanziell hinterlegt werden. Schließlich gilt dort ja, die Schuldenbremse zu berücksichtigen. Schön, daß diese Schulden in die Kommunen verschoben werden können. Sie sehen dies in den Haushaltsbereichen des Sozialen und der Jugend. Posten, die uns erheblich belasten.

Eine gefährliche Illusion: „Wir halten den Kurs“

Unser Oberbürgermeister sagte jüngst, wir sollten „den Kurs halten“. Aber welchen Kurs? Wohin führt uns dieser Kurs?

  • Zu einem noch höheren Defizit welches noch weiter steigen wird.
  • Zu einem Haushalt, der keine Investitionen mehr erlaubt, sondern nur noch Reaktionen auf immer neue Krisen.
  • Zu einer Stadt, die mehr verwaltet als gestaltet, weil sie dazu gezwungen wird.

Für mich, meine Damen und Herren, fühlt es sich an, als stünden wir auf einem havarierten Schiff, das längst schräg liegt und tief Wasser zieht und einer ruft absurderweise „Kurs halten!“

Verzeihen Sie Herr Oberbürgermeister, das wird nicht reichen, fahren Sie nach Hannover, setzen sie ihr ganzes (politisches) Gewicht ein und treten sie Herrn Weil ordentlich auf die Füsse.

Und wenn es um Absurditäten geht, nein ich werde hier heute nicht über eine Neue Stadthalle reden, sondern unsern es unserem Erstern Stadtrat Herr Schönfelder gleichtun, der es in diesem Jahr nicht versäumt hat, uns immer wieder an das Kafka Jahr zu erinnern. Dieses will ich gerne Aufgreifen, denn die Gelegenheit ist ja passend, wenn es um unseren Haushalt, überbordende Aufgaben und teils irrsinnigen Verwaltungsabläufe geht, die einem jede Hoffnung auf Rettung rauben will.

Ein Haushalt ist mehr als eine Sammlung von Zahlen. Er ist ein Protokoll:

  • Ein Protokoll der Prioritäten.
  • Ein Protokoll der Verantwortung – oder des Mangels daran.

Doch der vorliegende Haushalt mit seinen Änderungswünschen zeigt vor allem eines: eine gewisse Ignoranz gegenüber den realen Problemen dieser Stadt. Wie anders lässt sich erklären, dass wir weiterhin freiwillige Leistungen priorisieren, während die Pflichtaufgaben uns schon jetzt zu erdrücken drohen?

Und dennoch, anstatt die begrenzten Mittel sinnvoll einzusetzen, verteilen wir sie, als könnten wir uns alles leisten. Doch statt darüber nachzudenken, wie wir diese Belastung verringern können, schwelgen viele lieber in Symbolpolitik, Lippenbekenntnissen und Wahlgeschenken.

Ein Haushalt wie ein Fahrplan der Deutschen Bahn.

Unser Haushalt erinnert mich zunehmend an die Werbung der Deutschen Bahn zur Verlässlichkeit. Früher war ein Fahrplan eine verlässliche Größe – gedruckt, stabil, nachvollziehbar. Heute verlässt sich die Deutsche Bahn darauf, dass Änderungen spontan und digital kommuniziert werden können und nennt es Zuverlässigkeit.

Meine Befürchtungen bei unserem Haushalt: Wir planen und beschließen das Unmachbare irgendwie. Eine Haushaltsstrukturkommission soll dann die Planänderungen erarbeiten. Hauptsache, wir haben erst einmal einen Fahrplan. Die Verlässlichkeit?

Schluss: Verantwortung statt Rhetorik

Wir haben keine Zeit mehr für schöne Worte und Symbolpolitik. Es geht um die Substanz unserer Stadt, um ihre Zukunftsfähigkeit und um die Menschen, die hier leben.

Das Schwert hängt über uns, meine Damen und Herren. Und jeder von Ihnen, der heute für diesen Haushalt stimmt, muss sich fragen: Sind Sie bereit, Verantwortung dafür zu tragen, wenn der Faden reißt?

Unsere Ratsgruppe wird größtenteils nicht zustimmen.